Philosophie für jeden Tag - Lasst die Spiele beginnen

    Lasst die Spiele beginnen!

    Es ist wieder soweit, das sportliche Event der Superlative steht bevor. Deutschland rückt zusammen. Ein bekannter Erfrischungsgetränke Hersteller verkündet: "WM, das sind wir alle." Und so trinken wir auf Bastian & Co. und verbringen die Abende wieder mit Public Viewing, in der Hoffnung auf das "Sommermärchen 2014".

    Man diskutierte jüngst sogar, ob man die Arbeit / Schule später beginnen lassen sollte, damit der deutsche Fußballfan die späten Spiele ansehen und am nächsten Tag dennoch ausgeschlafen seiner Pflicht nachgehen kann. Was ist es, das diese Faszination auslöst? Der Fußball an sich? Jogis Jungs? Oder eher das Aufgehen im Kollektiv?

    Ich meine, es ist das 'WIR-Gefühl' das man in Deutschland – aufgrund unserer Vergangenheit – lange vermisst hat. Der Patriotismus der für andere Völker so selbstverständlich scheint, greift in Zeiten der WM auch in Deutschland um sich. Es ist schon besonders was sich da in unserer Gesellschaft abspielt. Wir sind 'Schland, wir fiebern, bangen und freuen uns gemeinsam. Wir tragen wieder Schwarz, Rot, Gold, schwenken Fahnen und das mit Stolz. Vielleicht packt unsere Angie sogar wieder ihre Deutschlandkette aus. Sonst so bedacht auf Individualität und Originalität, gehen wir urplötzlich im Kollektiv auf. Der Mensch ist eben doch ein Herdentier - hin und wieder brauchen wir das scheinbar. Empathie macht sich breit -  ich fühle, was du fühlst; plötzlich hat man etwas gemeinsam. Besonders beim Public Viewing ist die Euphorie bzw. die Trauer über den Ausgang eines Spiels zum Greifen nah. Die Luft ist zum Zerreißen gespannt, 90 Minuten pure Emotionen. 

    Vielleicht ist es aber auch so, dass Deutschland einfach Vorbilder oder Volkshelden braucht. Wo findet man die heute schon noch? In der Politik oder Wirtschaft? Da ist statt Heldentum und Tugend wohl eher Korruption und moralische Flexibilität angesagt. In einer pluralistischen Gesellschaft dürfte es auch problematisch seinen, sich auf einen gemeinsamen Helden aus den Reihen der Kirche zu einigen, zumal Religion heute auch nicht mehr so brisant ist. Und Drachen und Jungfrauen in Nöten, die gibt es ja schon lange nicht mehr, insofern sind 'richtige' Heldenfiguren wie Siegfried und Erec auch aus der Mode gekommen.

    Neue Helden braucht das Land. Idealtypen zu denen wir aufsehen, die wir bewundern können, die unsere eigene Unzulänglichkeit mit ihrer Exorbitanz kompensieren. Warum also die Helden nicht unter Jogis Jungs suchen? Auf den ersten Blick, sehen sie doch aus wie Helden: sie haben stahlharte Körper, welche Kraft symbolisieren, sie kämpfen unerbittlich gegen 'Ungeheuer' z.B. die portugiesische Nationalmannschaft. Sie setzen sich für das 'Wohl der Allgemeinheit' ein, nämlich Deutschlands Ansehen in der sportlichen Welt und sie sind Vorbilder zahlreicher kleiner und großer Jungs. Ich würde sagen, sie haben durchaus Potenzial.

    Eigentlich möchte ich dieses besondere Ereignis gar nicht weiter kaputt diskutieren und beleuchten, das tun die Medien ausreichend, meine ich. Ich lasse lieber die Sportfreunde Stiller sprechen:

    "Eins und zwei und drei und 54,74,90,2010 - ja so stimmen wir alle ein. Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein werden wir Weltmeister sein.

    Wir haben nicht die höchste Spielkultur, sind nicht gerade filigran, doch wir haben Träume und Visionen und in der Hinterhand 'nen Masterplan."

    'Doch wir haben Träume und Visionen' - vielleicht ist es genau das, was die Besonderheit der Weltmeisterschaft ausmacht. Das Vorhandensein eines gemeinsamen Traumes, der vom Titel. Trinkt 'ne Coke auf unsere Jungs, wedelt mit Deutschland Fahnen, geht auf im Kollektiv, feiert, bangt und freut euch gemeinsam mit allen und genießt die kochende Euphorie in Deutschland. Für Pessimismus und Fragen rund um Mindestlohn und Rente, haben wir dann im Sommerloch wieder genug Zeit.

    Lasst die Spiele beginnen und überlegt doch mal selbst, was Deutschland in den Ausnahmezustand versetzt.

    "Beim ersten Mal war's ein Wunder, beim zweiten Mal war's Glück, beim dritten Mal der verdiente Lohn und das nächste Mal wird's ne Sensation."

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