Philosophie für jeden Tag - Freundschaft, eine moralische Verpflichtung?

    Freundschaft – eine moralische 'Verpflichtung'?

    Lasst uns nochmal an die letzten beiden Beiträge anknüpfen, an das Phänomen der Unverbindlichkeit.

    Ich hatte letzte Woche gesagt, dass der Grund für Unverbindlichkeit vielleicht der ist, dass man – gesteigert durch die Interaktion in sozialen Medien – immer mehr soziale Kontakte hat, denen man versucht gerecht zu werden. Man ist unverbindlich aus Angst jemanden vor den Kopf zu stoßen, zu enttäuschen, denn man kann nicht auf allen Hochzeiten zeitgleich tanzen. Man sagt also hier 'mal sehen', da 'vielleicht' und lässt so etliche Freunde oder Bekannte in der Schwebe, enttäuscht sie nicht direkt.

    Aber wie gesagt, die Erwartungshaltung macht die Enttäuschung – der Andere hatte mit einem gerechnet und ist dann über eine Absenz und mit einhergehende 'Non-Kommunikation' enttäuscht, schlimmstenfalls sogar wütend.

    Die Frage ist nun, ist dieser Grund für Unverbindlichkeit – der, dass man andere nicht enttäuschen will – überhaupt plausibel? Gibt es so etwas wie eine 'moralische Verpflichtung' in Freundschaften / Bekanntschaften? Ich sage es Euch gleich – ich bin mir nicht sicher.

    Einerseits denke ich ja, es gibt sie – denn was würde eine 'Facebook Freundschaft' sonst von einer normalen Freundschaft unterscheiden? Ich meine, wenn ich starken Liebeskummer oder einen herben Verlust erlebt habe, dann kann ich meine beste Freundin nachts um 3.00 Uhr anrufen und sie kommt. Weil sie meine beste Freundin ist – weil, vielleicht, so etwas wie eine moralische Verpflichtung unsere Freundschaft begleitet. Sie kommt weil es mir schlecht geht, ich 'erwarte' das beinahe oder zumindest, dass sie sich meinen Kummer anhört. Warum? Weil ich es auch tun würde. Es ist ein 'ungeschriebenes Gesetz' der Freundschaft – man tut es einfach. Es erinnert ein wenig an den kategorischen Imperativ oder zumindest an die Goldene Regel: "Was du (nicht) willst, dass man dir tut..."

    Von einem Facebook Freund kann ich das nicht erwarten, eben weil es meist 'nur' eine virtuelle Freundschaft ist, eine die auf 'Likes' und 'Comments' begründet ist, nicht auf einer gemeinsamen Vergangenheit oder Gegenwart, gemeinsamen Erlebnissen, schönen und schwierigen Momenten. Aber das würde ja bedeuten, dass man in Zeiten von sozialen Netzwerken, unterscheiden muss zwischen 'echten' und 'virtuellen' Freunden – und verschieden Ansprüche / Anforderungen an dieselbigen zu stellen hat. Aber das nur nebenbei. Zurück zur Freunschaft.

    Ich denke eigentlich schon, dass ich von einem echten Freund erwarten kann, dass er da ist wenn ich ihn brauche. Warum? Eben weil ich es genauso machen würde. Die Beziehung beruht auf einer Gegenseitigkeit, einer Art 'Verpflichtung'; hier ist also die Unverbindlichkeit fehl am Platz, denn hier würde ich Erwartungen enttäuschen.

    Ist es falsch von Freundschaft als einer moralischen Verpflichtung zu sprechen? Wäre Freundschaft nicht eher etwas, dass ohne Ansprüche / Forderungen auskommen müsste?

    Aber wie sollte das funktionieren? Wie definiere ich dann Freundschaft – wenn nicht als ein 'Geben und Nehmen'? Das ist das 'Andererseits', meiner Überlegung. Ich musste hier an Nietzsche denken: "Das Verlangen nach Gegenliebe, ist nichts als das Verlangen der Eitelkeit.'

    Nun gut, Freundschaft ist auch eine Art Liebe und wenn ich nun an den Anderen Forderungen / Erwartungen habe, nach dem Motto 'Ich würde das auch für Dich tun', also tue du es auch für mich. Kommen wir dann an den Punkt der Eitelkeit? Will ich nur zurück 'geliebt' werden, weil es meinem Ego gut tut oder weil ich eben auch Liebe schenke?

    Ich bin unentschlossen. Würde das nicht bedeuten, es existiert nahezu keine Freundschaft? Denn wer ist nur selbstlos und tut alles nur aus der Motivation Liebe heraus? Ohne Hintergedanken und vor allem, ganz ohne Erwartungshaltung!?

    Jeder hat doch insgeheim Erwartungen an eine Freundschaft – oder irre ich mich da? Freundschaft – eine moralische Verpflichtung?  

    http://hit-rock-bottom.xobor.de/t26f5-Freundschaft-eine-moralische-Verpflichtung.html#msg60

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